Betreff: !!! Vanuatu – Ein Banksystem ohne Zinsen
Auf VANUATU sind die glücklichsten Menschen – denn sie haben kein Geld – Ashatur – 18.08.2010 20:41
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Eine kleine Inselkette in der Südsee zeigt uns, dass man OHNE Geld sehr glücklich sein kann. Und das die sogenannte “globale Finanzkrise” dort ein Fremdwort ist.
Natürlich sind wir Europäer viel zu verwöhnt um so einfach leben zu können. Aber trotzdem zeigt es uns, das es sehr wohl möglich ist, sich aus diesem kranken Finanzsystem auszuklinken. Ansätze dazu gibt es schon einige. Voraussetzung dafür ist aber, das wir endlich beginnen, umzudenken. Die Menschen auf Vanuatu zeigen, dass das sehr wohl möglich ist und man dabei sehr glücklich sein kann, weil das ständige hinterher jagen nach Geld nun mal nicht wirklich glücklich macht.
Vielleicht sollten wir uns endlich klar machen, dass “Back to the roots” doch der richtige Weg wäre.
Hier einige Auszüge aus dem Artikel von Deutschlandradio.de
Fast bargeldlos, aber glücklich
Der Südsee-Staat Vanuatu und sein Finanzsystem:
Für die Einwohner des Südseeparadieses Pentecost ist die globale Finanzkrise ein Fremdwort. Sie gelten als die glücklichsten Menschen der Welt. Denn hier regiert nicht Geld, sondern der Handel mit Schilfmatten, Muscheln und Wildschweinen den Alltag.
Sara, an der Nordspitze von Pentecost, im Inselreich des Südsee-Staates Vanuatu. Jeden Morgen, bei Sonnenaufgang, wiederholt sich dort ein jahrtausende altes Ritual: In der aus gefällten Baumstämmen, Astwerk und geflochtenen Schilfmatten errichteten Versammlungshalle begrüßen die Männer des Dorfes den neuen Tag. Das Trommeln auf runden Holzblöcken soll die bösen Geister der Nacht vertreiben, der Gesang die Strahlen der Sonne willkommen heißen. Pentecost ist eine der abgelegensten der 83 Inseln Vanuatus: 490 Quadratkilometer dichtester, hügeliger Regenwald und wild-schroffe Küsten. Die Heimat von 12.000 Menschen, die seit jeher im Einklang mit der Natur leben.
Pentecost liegt nur 190 Kilometer nördlich der Hauptstadt Port Vila, wirkt aber Lichtjahre weit entfernt. Die Insel ist fast unberührt von der modernen Welt. Gekocht wird in Erd- und Steinöfen ohne Töpfe oder Pfannen. In den schilfgedeckten Hütten der Dörfer gibt es weder Elektrizität noch fließend Wasser, doch – anders als in den Vororten Port Vilas – auch keinen Hunger, keine Armut und auch keine Arbeitslosigkeit. Denn auf Pentecost wurde eine fast vergessene, uralte Tradition wiederbelebt: Der Tauschhandel.
Mittagszeit in Sara: Selwyn Garu ist auf dem Weg zur Bank, eine Einzahlung machen: In ausgetretenen Arbeitsstiefeln, den kahlen Kopf unter einer Schmuddel-Baseballkappe und mit lehmverschmiertem Overall. Selwyn hat weder Bargeld noch einen Scheck bei sich. Stattdessen trägt der Farmer eine zusammengerollte Schilfmatte unterm Arm. Sein Ziel ist die Filiale der “Tanbunia-Bank” am Ortsrand von Sara. Denn dort werden Naturprodukte eingezahlt und dafür Devisen gutgeschrieben.
“In Port Vila, in der Stadt, würde mich der Mann am Bankschalter auslachen, wenn ich ihm eine Matte oder einen Sack bunter Korallen auf den Tresen stellen würde. Auf Pentecost aber ist das alles soviel wert wie wirkliches Geld.”
Kapitalismus, nein danke. Bei Tanbunia werden lebende Wildschweine und ihre Stoßzähne, Schilfmatten, Muscheln oder wohlgeformte Steine als Zahlungsmittel akzeptiert. Wieviel eine Einzahlung wert ist entnimmt der Bankmanager einer Umrechnungstabelle. Der Gegenwert wird in Vatu, der Landeswährung Vanuatus, in Selwyns Sparbuch vermerkt. Um eine Arzt-Rechnung oder die Schulgebühren seiner Kinder bezahlen zu können, braucht er Devisen. Dafür stellt Selwyn dann einfach einen Scheck aus. Für den jeweiligen Betrag, der in jeder herkömmlichen Bank eingelöst werden kann, bürgt Vanuatus Regierung.
“Ich bin nur ein einfacher Farmer, aber ich fühle mich wie ein Millionär. Denn ich kann meiner Familie alles geben, was sie braucht. Ohne dafür einen Job in der Stadt annehmen zu müssen.”
12 Filialen auf Pentecost, in ganz Vanuatu sind es bald 50: Bei der Tanbunia-Bank gibt es Konten, Einlagen und Scheckbücher. Sie zahlt 15 Prozent Zinsen und vergibt Hypotheken und Kredite. Geld gegen Naturalien: Ein System, das so alt ist wie Vanuatu.
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Der Chief und Hilda Lini kennen sich seit Jahren. Sie macht Politik, er verwaltet Tanbunia, das traditionelle Finanzsystem. Zur Zentralbank geht es entlang eines ausgetretenen Pfades, vorbei am Gemüsegarten des Dorfes, bis vor ein massiges, einstöckiges Holzgebäude mit schweren Fensterläden: Das Fort Knox von Pentecost. Hier verwaltet Chief Viraleo die gesamten Spareinlagen der Tanbunia-Bank, hier hat er auch die Umrechnungstabelle entwickelt, nach der entschieden wird, wieviel jede Einzahlung wert ist.
“Es gibt insgesamt zehn Formen traditioneller Währung in Vanuatu. Die unterste Stufe sind schillernde Steine, bunte Korallen oder besonders gut erhaltene Schalen seltener Meeresmuscheln. Es gibt fünf verschiedene Arten von Schilfmatten: Ob zum Gebrauch zuhause oder bei Zeremonien und Beerdigungen – jede hat einen anderen Gegenwert. Lebende Wildschweine gelten als besonders geschätztes Zahlungsmittel, aber am Wertvollsten sind die Stoßzähne der Schweine. An ihnen werden alle anderen traditionellen Währungen gemessen.”
Ist die Qualität eines Naturprodukts oder einer kulturell bedeutsamen Schilfmatte streng nach der Tabelle des Chiefs geschätzt, wird der Gegenwert in Vatu, die offizielle Landeswährung Vanuatus umgerechnet. Doch die Einzahlungen, die Chief Viraleo bei der Tanbunia-Bank entgegennimmt, sind nicht nur materiell, sondern oft auch spirituell.
“In unserer Gesellschaft wird jeder berücksichtigt. Selbst Weisheit wird belohnt. Wer alt ist und nicht mehr arbeiten kann, der kommt hierher und erzählt von seinen Lebenserfahrungen. Ein solches Stück Weisheit wird auch honoriert – denn ein guter Rat kann sehr wertvoll sein.”
Der Tresorraum der Tanbunia-Zentralbank liegt im Erdgeschoß direkt unter dem Büro des Chiefs. Abgestandene Luft, kaum Tageslicht – in der fast fensterlosen, etwa zehnmal zehn Meter großen Kammer lagern die gesamten Sparguthaben der Bankkunden. Ein Gegenwert von umgerechnet 60 Millionen Euro.
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“In unserem System braucht niemand zu stehlen, denn jeder ist wohlhabend. Jeder hat, was er zum Leben braucht. Unsere Hütten stehen immer offen und selbst die Zentralbank bleibt tagsüber unverschlossen, selbst wenn ich ausgehe. Es ist noch nie etwas weggekommen. Jemand wird nur zum Dieb, wenn er nichts hat. Deshalb ist das Ziel unserer Bank, dass niemand in Armut lebt.”
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“Diese Bank ist sehr gut. Sie macht keinen Unterschied zwischen Leuten, die Geld haben oder keines. Jeder wird gleich behandelt. Das, was wir anbauen, züchten oder aus Muscheln und Schilfgras herstellen – das bekommt durch diese Bank einen Wert. Denn wir bekommen dafür das Geld, das wir brauchen, um etwas im Laden zu kaufen oder die Schulgebühren unserer Kinder zu zahlen.”
Obwohl es überall in Vanuatu herkömmliche Geldinstitute gibt, schätzt Hilda Lini vom Finanzministerium, dass inzwischen 80% der Bevölkerung das traditionelle Banksystem nutzen. Vor allem außerhalb der Hauptstadt Port Vila, auf den dünner besiedelten Inseln. Die Tanbunia-Traditionsbanken sind so etwas wie das Bindeglied zwischen überliefertem Brauchtum und unvermeidlichem Fortschritt.
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Vor drei Jahren versuchte eine britische Ideenschmiede die glücklichsten Menschen der Welt ausfindig zu machen. In einer Studie wurde untersucht wie zufrieden die Bevölkerung eines Landes ist, was sie von ihrem Leben erwartet und wie sie mit ihrer Umwelt umgeht. Am schlechtesten schnitten die größten Industrienationen ab: Von 178 Ländern rangierten die USA auf Platz 150, knapp vor China, Deutschland erreichte Rang 81. Spitzenreiter aber, das Land mit den glücklichsten Menschen der Welt, war Vanuatu. Die Studie ergab: Je weniger materiell eine Gesellschaft ist, desto zufriedener ist auch die Bevölkerung.
Wenn Mary, eine rundliche Mittvierzigerin auf Pentecost, von der fruchtbaren Vulkanerde erzählt, die ihre Taro- und Salatpflanzen gleich hinter ihrer Hütte wachsen lässt, dann hat sie ein Lächeln so breit wie ihr Gemüsegarten. Von den Ergebnissen der britischen Glücksstudie hat sie gehört, überrascht aber ist sie nicht. Denn Wörter wie “Konsum” oder “Marktwirtschaft” kommen in der Landessprache Vanuatus gar nicht vor.
“Wir sind zufriedene Menschen und glücklich mit dem, was wir haben. Was wir brauchen wächst um uns herum. Es gibt keinen Hunger. Jeder ist freundlich. Wir verlangen nicht viel und wollen nicht ständig neue Dinge besitzen. Unser Leben dreht sich um Familie, Gemeinschaft und unsere Traditionen. Wir respektieren einander und kümmern uns um unsere Älteren. Das verstehen wir unter “glücklich sein.”
Was ist der Schlüssel zum Glück? “Sich nicht über Geld Sorgen machen zu müssen”, sagt man in Vanuatu. In Deutschland würden wohl viele dieselbe Antwort geben. Gemeint ist: Möglichst viel Geld zu haben. In Vanuatu aber bedeutet finanziell unabhängig zu sein überhaupt kein Geld zu brauchen. Die Idee natürliche und kulturell bedeutsame Wertgegenstände als offizielle Zahlungsmittel anzuerkennen interessiert inzwischen auch die Vereinten Nationen.
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Keine Rohstoffe, keine Industrie und kaum Infrastruktur: Gemessen am Bruttonationaleinkommen gilt Vanuatu als eines der ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder der Erde. Doch die Menschen des Südseestaates glauben, dass Zufriedenheit und Lebensqualität nichts mit Wirtschaftswachstum zu tun haben muss. Die Tourismusbranche bewirbt Vanuatu als “Die Inseln, auf denen die Zeit still steht”.
In einem aber scheinen die Menschen dort der übrigen Welt weit voraus zu sein: Im Wissen, dass Geld nicht alles im Leben ist.